Meine Hochsensibilität
Mein Name ist Nicole Heim, ich lebe und arbeite als Lebensberaterin in Achern. Im folgenden Text beschreibe ich meine persönliche Wahrnehmung und Erfahrung, es ist nur ein Beispiel wie sich Hochsensibilität äußern kann. Viel Spaß beim lesen!
![junges Mädchen das seinem Schäferhund den Arm umlegt](https://static.wixstatic.com/media/11062b_c14ebec383a244acb5361b9559345d0f~mv2.jpeg/v1/fill/w_980,h_600,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/11062b_c14ebec383a244acb5361b9559345d0f~mv2.jpeg)
Obwohl ich bereits seit vielen Jahren weiß, dass ich hochsensibel bin, arbeite ich weiterhin daran, besser mit dieser Eigenschaft im Alltag umzugehen. Im Laufe der Zeit habe ich zudem festgestellt, dass meine Sensibilität immer stärker wird. In den letzten drei Jahren habe ich beobachtet, wie Dinge, die früher kein Problem darstellten, plötzlich zu einer großen Belastung oder Überforderung wurden. Manchmal sind es die einfachsten Dinge, wie zum Beispiel mit einer Freundin einen Kaffee trinken zu gehen. Allein der Gedanke, mehr als eine Stunde in einem Café mit vielen Menschen zu verbringen, versetzte mich schon in Stress, weil ich wusste, dass ich danach mindestens einen Tag komplett erschöpft sein würde. Auch das Einkaufen erfordert mittlerweile eine sorgfältige Planung, da es so anstrengend für mich ist, dass ich den Rest des Tages kaum noch etwas anderes tun kann. Es kann sehr frustrierend und deprimierend sein, wenn der Alltag selbst so herausfordernd wird.
Vor zwei Jahren erkrankte ich. Ein Jahr später kündigte ich meinen Job, weil ich nicht mehr in der Lage war, meinen Pflichten als Angestellte und Kollegin gerecht zu werden. Heute arbeite ich selbstständig und kann meine Arbeitszeiten sowie meine Energie viel flexibler einteilen. Zwar fühle ich mich immer noch oft erschöpft, doch mein Körper und meine Psyche scheinen sich langsam zu erholen und an mein neues Leben anzupassen. Insgesamt geht es mir heute deutlich besser als noch vor zwei Jahren.
Um auch finanziell frei sein zu können, habe ich mir erneut einen Arbeitsplatz in Teilzeit gesucht.
Meine Arbeitgeber und wie mich mein Job geprägt hat
Als ich mit 15 Jahren meine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin begann, war ich noch jung und völlig unerfahren. Ich war ein schüchternes, introvertiertes Mädchen, das oft vor sich hin sang und lachte, aber jede neue Situation bedeutete für mich Stress und Angst. Unsere Mutter hatte mich stets sehr behütet, wofür ich ihr bis heute dankbar bin. Doch mit dem Start der Ausbildung war ich plötzlich mitten im Leben und fühlte mich wie ins kalte Wasser geworfen.
![junge Frau an der Kasse, hinter einer Bedientheke der Bäckerei](https://static.wixstatic.com/media/11062b_3e9eeffa3c8d4d9e9a5c4080b698381a~mv2.jpeg/v1/fill/w_980,h_653,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/11062b_3e9eeffa3c8d4d9e9a5c4080b698381a~mv2.jpeg)
Zum Glück war meine erste Chefin eine erfahrene Dame kurz vor der Rente, die mich – trotz meiner Unerfahrenheit – mit viel Geduld und einer gesunden Mischung aus Strenge und Fürsorglichkeit in die Arbeit einführte. Sie erkannte mich, wie ich war, und half mir, mich nicht nur in der Berufswelt zurechtzufinden, sondern auch im Leben selbst. Leider blieb sie mir nur ein Jahr, bevor sie in den Ruhestand ging. Doch sie hinterließ mir wertvolle Ratschläge und Erfahrungen, die mir auf meinem weiteren Weg sehr geholfen haben.
Im zweiten Jahr meiner Ausbildung kam ich dann in eine andere Filiale, die für ihre "harte Chefin" bekannt war. Diese Dame galt als besonders herausfordernd und hatte schon zwei Azubis, als ich zu ihr versetzt wurde. Jeder fragte mich, was ich angestellt hätte, um gerade dort landen zu müssen.
Ganz ehrlich: Sie war eine gute Chefin, aber ich war damals sehr langsam, und sie war äußerst ungeduldig, was immer wieder zu Konflikten führte. Mein zweites Lehrjahr war wirklich hart. Sowohl sie als auch ich haben viele Abende weinend zu Hause verbracht. Die Spannungen hielten an, bis der Bereichsleiter uns schließlich trennte, und ich im dritten Jahr in eine andere Filiale versetzt wurde. Während dieser beiden Jahre brauchte ich oft die Unterstützung meiner Mutter. Ich hatte immer wieder das Gefühl, alles hinschmeißen zu wollen. Allein der Alltag in der Arbeit war für mich schon eine große Herausforderung – wie sollte ich mit so schwierigen Kolleginnen zurechtkommen?
Heute weiß ich, dass die Kollegen einfach gestresst waren, weil ich so langsam arbeitete und sie oft die Arbeit mitmachen mussten. Damals war ich jedoch nur frustriert, verletzt und unsicher, da ich kaum positive Rückmeldungen erhielt – zu wenig, um mich sicher und gut in meinem Job zu fühlen.
Diese drei Jahre waren für mich mehr als nur eine Ausbildung. Sie waren eine prägende Zeit, die mich in meiner Persönlichkeit formte. Ich lernte nicht nur, was es bedeutet, zu arbeiten, sondern auch, auf mein inneres Gefühl zu hören – auch wenn man mir versuchte, diese Fähigkeit abzutrainieren. Am Ende habe ich mir diese Fähigkeit fast vollständig abgewöhnt, weil ich versuchte, es allen recht zu machen. Ich wollte akzeptiert werden, Teil einer Gemeinschaft sein. Heute weiß ich, dass es einzig und allein auf mein eigenes Wohlbefinden ankommt – sowohl körperlich als auch geistig. Wenn ich mich selbst akzeptiere und mich um mich kümmere, kommen die richtigen sozialen Kontakte und Gemeinschaften von ganz allein. Man zieht das an, was man ausstrahlt.
Ich habe 15 Jahre lang im Mangel gelebt und wusste nicht, dass es einfach nur an meiner Einstellung lag, die ich ändern musste, um in die Fülle zu kommen. Heute habe ich ein stabiles Umfeld und eine Gemeinschaft, auf die ich mich in jeder Situation verlassen kann.
Im Laufe der Jahre hatte ich auch ein oder zwei sehr gute Arbeitsplätze mit tollen Kollegen. Ich bin dankbar für beide Erfahrungen – sowohl für die guten als auch für die schlechten – denn sie haben mich geformt und mir geholfen, die Person zu werden, die ich heute bin.
![mehrere Menschen mittleren alters in einer Selbsthilfegruppe](https://static.wixstatic.com/media/11062b_3a1241094d0d46f29007efa531db5470~mv2.jpg/v1/fill/w_980,h_653,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/11062b_3a1241094d0d46f29007efa531db5470~mv2.jpg)
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